ENZO G. CASTELLARI
KEOMAS PAPA
Die Hinwendung der italienischen Filmindustrie zum Genrekino begann 1957, als die Firma GALATEA mit DIE UNGLAUBLICHEN ABENTEUER DES HERKULES einen absoluten Volltreffer landete. Auf einen Schlag erlangte CINECITTÀ internationale Konkurrenzfähigkeit. Mitte der 60er-Jahre versank der Stern der mythischen Muskelmänner wieder, um Platz zu machen für den immens erfolgreichen Spaghetti-Western. Es war eine goldene Ära: Der Rubel rollte, und internationale Co-Produktionen förderten das Ansehen der italienischer Filmkunst auch im Ausland.
Just
zu diesem Zeitpunkt begann die Kariere von Enzo G. Castellari, dem Mann, der
rasch zu einem der Top-Action-Regisseure Italiens avancierte. Wenn sich heutzutage
selbst derart hochgelobte Filmemacher wie Quentin Tarantino auf ihn berufen
(Tarantino plant momentan ein Remake von Castellaris 1978 entstandenem Kriegsfilm
EIN HAUFEN VERWEGENER HUNDE), so wohnt dem eine gewisse Ironie inne, denn wie
die meisten seiner italienischen Kollegen hatte auch Enzo G. Castellari Anregungen
aus Hollywood aufgenommen und auf eine sehr eigene Art und Weise uminterpretiert.
Gefragt nach den eigenen Vorbildern, nennt er meist Genre-Regisseure wie Sam
Peckinpah oder Sidney J. Furie.
Doch wer ist Enzo Girolami alias
Enzo G. Castellari? Das Licht der Welt erblickte er 1938 in Rom als Sohn des
angesehenen Unterhaltungs-Regisseurs Marino Girolami, ein bewährter Spezialist
im Komödienbereich, der darüber hinaus einige hervorragende Western
und Kriminalfilme inszenierte. Überhaupt pflegt die Familie Girolami eine
intensive Beziehung zur großen Leinwand: Enzos Onkel Romolo (Künstlername:
Romolo Guerrieri) besetzte ebenso den Regiestuhl wie Bruder Renzo, während
der zweite Bruder, Enio, ein sehr populärer Schauspieler während der
50er- und 60er-Jahre war, den Enzo später häufig in eigenen Werken
vor die Kamera bringen sollte. Bevor
es dazu kam, assistierte Enzo allerdings zunächst Vater Marino und anderen
Filmemachern – bis er 1966 die Gelegenheit erhielt, bei dem Western DJANGO
KENNT KEIN ERBARMEN (der gemeinhin León Klimovsky zugeschrieben wird)
zum ersten Mal selbst die komplette Verantwortung zu übernehmen. Sein nominelles
Regie-Debüt folgte 1967 mit DIE SATANSBRUT DES COLONEL BLAKE, ebenfalls
ein Western. Weitere Pferdeopern folgten, unter denen die von Sergio Corbucci
initiierte „Hamlet“-Bearbeitung DJANGO – DIE TOTENGRÄBER
WARTEN SCHON (1968) besonders hervorsticht.
Wahre Meisterform erreichte Enzo
G. Castellari 1973 bei jenem Zelluloid-Werk, das die erste Zusammenarbeit mit
seinem Freund Franco
Nero markiert: TOTE ZEUGEN SINGEN NICHT (deutscher Videotitel: STRASSE
INS JENSEITS) ist für viele der definitive italienische Polizeifilm.
Zu einer Zeit, in der das Verbrechen auf Italiens Straßen überhand
nahm und Überfälle, Entführungen und terroristische Bombenattentate
ein Gefühl der alltäglichen Paranoia heraufbeschwörten, schufen
Italiens Superbullen Ordnung, wo tatsächlich Chaos herrschte. TOTE ZEUGEN
SINGEN NICHT entbehrt der Ironie zahlloser späterer Polizeifilme CINECITTÀS
und leistet sich dabei den Luxus einer vollkommen ernsthaften und dramatischen
Erzählweise, die herausragendes handwerkliches Können mit exzellenten
Schauspieler-Leistungen verknüpft. Castellaris
brillanter Film geriet zum überwältigenden Publikumserfolg und gilt
zu Recht als einer der Hauptbegründer des Genres. Einflüsse wie William
Friedkins FRENCH CONNECTION oder die Mafia-Dramen von Francesco Rosi und Damiano
Damiani wurden bei Castellari zu einer rasanten Abfolge spannender Situationen
und aufregender Action-Szenen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits einige seiner
„Trademarks“ entwickelt, u. a. die an Peckinpah angelehnte Action-Dramaturgie
(= Mischung von Zeitlupe und realer Filmzeit) oder die stattlichen „Dummy“-Explosionen,
bei denen menschengroße Puppen durch die Lüfte segeln. TOTE ZEUGEN
SINGEN NICHT – dessen Budget, verglichen mit aufwändigen Hollywood-Produktionen,
lächerlich niedrig war – enthält zudem eine der großartigsten
Autojagden der Filmgeschichte!
1974 drehte Castellari zusammen mit Nero EIN MANN SCHLÄGT ZURÜCK (aka EIN BÜRGER SETZT SICH ZUR WEHR), der die Aufräumarbeiten Charles Bronsons in EIN MANN SIEHT ROT auf die heimische Scholle transponierte. Andere Arbeiten wie RACKET (aka RACKET – BEI ANRUF MORD, 1976) oder DEALER CONNECTION (aka DEALER CONNECTION – STRASSE DES HEROINS, 1977) folgten diesem Muster.
1976 gelang Castellari abermals eine
Sternstunde: Mit KEOMA – DAS LIED DES TODES (aka KEOMA – MELODIE
DES STERBENS) schuf er den vielleicht brillantesten Spätwestern Italiens,
einen ebenso ruppigen wie melancholischen Abgesang auf die Blütezeit der
italienischen Unterhaltungs-Filmindustrie. Castellari
zeichnet hier das Bild einer gewalttätigen Welt, die nur aus Tätern
und Opfern zu bestehen scheint. Der von Franco Nero gespielte Titelheld gerät
zwischen die Stühle, und obwohl er sich der allgegenwärtigen Brutalität
verweigern möchte, entfesselt gerade sein Anderssein den Zorn der Mächtigen.
Poetische Bilder und naturalistische Gewalt verbinden sich hier zu einem der
unvergesslichsten Spaghetti-Western überhaupt.
Der Anfang der 80er-Jahre bedeute für Castellari eine erneute Fleißperiode, denn das taufrische Medium Video eröffnete eine zusätzliche Vermarktungsplattform, über die (zunächst) Kino-Produktionen einem noch größeren Publikum zugänglich gemacht werden konnten. Seine Endzeit-Science-Fiction-Western um die Rockerbande THE RIFFS (THE RIFFS – DIE GEWALT SIND WIR, 1982 & THE RIFFS – FLUCHT AUS DER BRONX, 1983 – beeinflusst von John Carpenters DIE KLAPPERSCHLANGE und Walter Hills THE WARRIORS) sahnten sowohl auf der großen Leinwand als auch in heimischen Flimmerkisten ab. Filme wie der haifischbezahnte THE LAST JAWS – DER WEISSE KILLER (1981), der MAD MAX-inspirierte METROPOLIS 2000 (1982) oder der wüste TUAREG – DIE TÖDLICHE SPUR (1984) gehören zu den weiteren Leckerbissen aus dieser Schaffensphase.
Wie
viele seiner Kollegen sah sich Castellari in den 90er-Jahren dazu gezwungen,
auf den Fernseh-Bereich auszuweichen, da das Genre-Kino mittlerweile praktisch
tot war. Was früher das Zeug zum Leinwand-Kassenknüller hatte, gehörte
jetzt zur Domäne der TV-Stationen. Castellari inszenierte verschiedene
Abenteuer- und Liebesfilme, etwa DIE RÜCKKEHR DES SANDOKAN (1996) oder
PRINZESSIN AMINA (1997). Einen außerordentlichen Erfolg konnte er mit
der Krimiserie EXTRALARGE verbuchen, die Bud Spencer als titelgebenden Detektiv
durch diverse Fälle stampfen lässt.
Um CINECITTÀ noch einmal sein ganzes Potential vor Augen zu führen, besann sich Castellari auf alte Tugenden und drehte 1994 zusammen mit Franco Nero eine Art Fortsetzung zu KEOMA: JONATHAN OF THE BEARS (deutscher TV-Titel: DIE RACHE DES WEISSEN INDIANERS). Obwohl der Film grandios geraten war und die eigentlich anachronistische Prämisse durch Hollywood-Erfolge wie Clint Eastwoods ERBARMUNGSLOS oder Lawrence Kasdans SILVERADO immerhin profitabel schien, dauerte es frustrierend lange, bis das Werk endlich den Weg in andere Länder fand und auf ein überwiegend begeistertes Echo stieß. Nichtsdestotrotz arbeiten Castellari und Nero bereits an einem neuen Spaghetti-Western – man darf gespannt sein …
Gespannt
wie ein Flitzebogen waren auch wir auf das Mega-Event zum sechsten BUIO OMEGA-Geburtstag
am 19.02.2005, FRANCO NERO & ENZO G. CASTELLARI LIVE!. Dass dieses zu einem
derartig beispiellosen Ereignis geraten würde, hätten wir allerdings
im Vorfeld niemals zu träumen gewagt. Die beiden sympathischen Superstars
des italienischen Kinos, seit dem unvergesslichen Samstagabend gleichsam Club-Ehrenmitglieder
wie Preisträger der begehrten BUIO OMEGA-Auszeichnung „Joe“,
brachten endlich wieder großen internationalen Glanz in den traditionsreichen
Gelsenkirchener SCHAUBURG
FILMPALAST und sorgten während des neunstündigen Mammut-Programms
für eine ausgelassene Jubel-Stimmung unter den Besucher-Massen. Detailliert
nachzulesen sind die denkwürdigen Geschehnisse im Bereich „Pressespiegel
& Erlebnisberichte“, während eine umfangreiche Foto-Galerie
das spektakuläre Event und die fantastischen Tage darum bebildert (zurzeit
in Arbeit).
Das Komitee möchte nicht versäumen, die Personen, Firmen und Institutionen zu erwähnen, auf deren wertvolle Hilfe und Unterstützung wir zählen konnten. Unser ausdrücklicher Dank gilt:
- den treuen BUIO OMEGA-Mitgliedern, die ein derartiges Ereignis überhaupt erst möglich gemacht haben (und weitere machen werden!) |
- dem gesamten SCHAUBURG-Team |
- dem HYUNDAI-AUTOHAUS TUROWSKI |
- dem Security-Service Sejoscha THE BASE Agiri |
- der Stadt Gelsenkirchen |
- den Vertretern der Presse, insbesondere der WAZ Gelsenkirchen für die kontinuierliche, großartige Berichterstattung |
- allen weiteren helfenden Händen |
- und natürlich den charmanten, geduldigen und immer bestens gelaunten Stargästen Franco Nero und Enzo G. Castellari sowie Enzos Sohn Andrea |
© by CHRISTIAN
KESSLER (Castellari-Lebenslauf)
& SAILOR
RIPLEY (Ergänzung zum Castellari-Event)
Das
verwendete Bildmaterial stammt zum Teil
von der offiziellen
Enzo G. Castellari-Website.
BRANDNEU:
FRANCO NERO & ENZO G. CASTELLARI LIVE!
– PRESSESPIEGEL & ERLEBNISBERICHTE
STILL TO COME:
FRANCO NERO & ENZO G. CASTELLARI LIVE!
– EVENT-FOTOS
EMPFEHLENSWERTE ENZO G. CASTELLARI-LINKS:
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Offizielle Enzo G. Castellari-Website
Interview mit Enzo G. Castellari
von Peter Blumenstock und Christian Keßler M. A.
(SPLATTING IMAGE Nr. 13 –
03/93)
Komplette Filmografie
von Enzo G. Castellari
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